Amerika
Was hat die Wahl von Donald Trump in Amerika mit mir persönlich zu tun? Ich bin enttäuscht, ich bin ernüchtert, ich will es nicht glauben, ich bin fassungslos, traurig und deprimiert. Es ist wahr, die Menschen in Amerika haben sich zum zweiten Mal entschieden, auf Donald Trump zu vertrauen, es ist kein Unfall der Geschichte, sondern Ausdruck des Bewusstseinszustands der Mehrheit. Es schmerzt, dass es so ist. Wo Enttäuschung ist, war Täuschung. 1949 in Deutschland geboren, bin ich mit einem Bild von Amerika aufgewachsen als Wohltäter, Befreier, Garant von Fortschritt, Freiheit, Sicherheit und Demokratie. Es war immer nur ein Bild, ich war nie dort, ich kenne die Menschen und ihre Sorgen dort nicht.
Dieses Bild hat allen historischen Tatsachen getrotzt. Warum? Weil ich das gerne so glauben wollte. Es hat mit Rationalität oder Logik wenig zu tun, es erfüllte eine emotionale Funktion: Der Glaube an eine positive Schutzmacht unter Ausblendung aller Aspekte, die dagegen sprechen. Er half den moralischen Abgrund Nazideutschlands zu überbrücken. Psychologisch nennt man das Idealisierung. Es ist ein Abwehrmechanismus gegen unerträgliche Bedrohungsgefühle. So betrachtet kann man die republikanischen Wähler besser verstehen. Sie idealisieren Donald Trump, umgekehrt kann man auf das Ausmass ihrer unerträglichen Gefühle schliessen.
Idealisierungen loszulassen ist schwer, das kann man nicht einfach beschliessen. Es bedeutet sich seiner Wunschprojektionen bewusst zu werden und den Realitäten ins Auge zu sehen. Das ist ein Reifungsprozess. Jetzt, achtzig Jahre nach Kriegsende, löst sich die Nachkriegsordnung auf, die uns bis in die psychischen und kognitiven Strukturen determiniert hat. Das Eingefrorene kommt in Bewegung.
Wie können wir stark genug werden, uns dem zu stellen? Wir können es nicht von anderen erwarten, wir müssen es selber tun.
One thought on “Amerika”
Liebe Sita,
dieser Beitrag ist einfach wohltuend!
Herzlichen Dank dafür!
Liebe Grüße, Padmacitta