und es kam alles anders
Die Pilgerreise sollte einen Monat dauern und meinem Übergang vom Arbeitsleben in die Pensionierung dienen. Sie endete abrupt nach zehn Tagen in der Arztpraxis einer kleinen französischen Stadt. Die Ärztin hatte meine Schwester untersucht und teilte uns danach voller Mitgefühl mit, dass die Reise zu Ende sei. Eine sofortige Rückkehr in die Schweiz sei unvermeidbar.
Ich stand da und etwas in mir brach auseinander, bekam einen Riss. Alle meine Vorbereitungen, alle meine Mühen die Pilgerwanderung im Voraus gut und sicher zu gestalten hatten nichts bewirkt, hatten mich nicht beschützt. Als mir das klar wurde, fiel ein Lichtstrahl durch den Riss in der Mauer meiner festen Planung, meiner festen Vorstellungen wie die Reise sein würde. Ich nahm plötzlich alles viel klarer wahr, das dunkle Haar der Ärztin, das bleiche Gesicht meiner Schwester. Auch als wir wieder auf die Strasse traten leuchtete das frische Grün der Bäume intensiver, der leichte Wind fühlte sich sanfter an und das tiefe Blau des Himmels überraschte mich.
Ich war traurig, erschüttert und dennoch voller Leben. Dieser Zustand hielt eine kurze Weile an und dann setzte die Panik ein, alles bereits Gebuchte musste abgesagt und die Rückreise geplant werden. Während der Heimreise erinnere ich mich kaum an meine Gefühle, ausser der Besorgnis um meine Schwester. Doch als diese sicher zuhause angekommen war, stellte ich fest, dass sich in meinem Bewusstsein etwas verändert hatte. Ich erlebte immer wieder ein Gefühl der Gegenwärtigkeit, ein Gefühl der Zeitlosigkeit, ohne den Wunsch irgendetwas zu planen oder zu kontrollieren.