Erdgeschichtliche Dimensionen
Der Besuch in einem erdgeschichtlichen Museum hat zu einer anhaltenden Erweiterung meines Bewusstseins geführt. Ich, wir, sind tatsächlich Kinder der Erde, Lebensformen hervorgebracht in hunderten von Millionen Jahren der Evolution. Warmzeiten folgten auf Kaltzeiten und wurden wieder abgelöst von Warmzeiten. Ausgelöst wurden diese Veränderungen durch die Eigenaktivität unseres Planeten in Interaktion mit seiner kosmischen Umgebung. Lavaströme, Vulkanausbrüche und Meteoriteneinschläge bedingten Treibhausklima und Vereisungen im Wechsel. So ist es immer noch. Erdgeschichtlich vollzogen sich diese Veränderungen in unvorstellbar langen Zeiträumen, gezählt in hunderten von Millionen Jahren. Aber es gab auch abruptere Wechsel, verursacht durch ein kosmisches Ereignis, wodurch ein Massenaussterben ausgelöst wurde. Fünf solcher Einschnitte sind in der Forschung bekannt und auf diese wird Bezug genommen, wenn heute vom sechsten Massenaussterben gesprochen wird, das im Gang ist. Mir war nicht klar, dass sich diese Ereignisse auf einen Zeitraum von 540 Mill. Jahren verteilen. Mein Denkbewusstsein kapituliert, ich hatte mir das alles viel kürzer und näher beieinander vorgestellt. Ich hatte mein Halbwissen auf eine menschliche Erfahrungswelt projiziert und daraus Maximen für mein Verhalten abgeleitet. Ich verliess das Museum mit der Frage, worauf kommt es überhaupt an? Und wofür können und müssen wir Verantwortung übernehmen?
Der Wandel als solcher ist die Erneuerung des Lebens, auch können Vulkanausbrüche und Meteoriteneinschläge jederzeit geschehen. Es geht um unsere menschliche Aktivität, mit der wir das ökologische Gleichgewicht der Erde und damit Leben, unser Leben, zerstören. Sich dessen bewusst zu werden und unser Verhalten zu verändern – das ist unsere Verantwortung. Statt Leben verletzen, Leben beschützen. In der Folge erlebe ich eine Neuausrichtung meines Bewusstseins. Ich erkenne den Unterschied zwischen einem ökologischen Engagement, das auf die Wahrung des zivilisatorischen Besitzstandes (nur) der Menschheit ausgerichtet ist, und einem Engagement, das sich aus der Liebe zum Leben speist, und zwar zu allem Lebendigen. Das eine macht eng, es ändert am System noch nichts, das andere macht weit und offen.
Wenn wir die Verletzlichkeit und das Recht auf Leben in allen Arten wahrnehmen, werden wir aus unserer tiefen Verbundenheit heraus das Leben schützen und ganz neue Wege entdecken.