Abenteuer Unverpackt
Teil I
Ich stehe nicht mehr ganz so hilflos und ärgerlich im Unverpackt-Laden. Was ist geschehen? Mein Einkaufen folgt unbewusst den Regeln der Konsumgesellschaft: es geht schnell, ich finde und ergreife, was ich brauche, fertig portioniert dargeboten, in Frischhaltepackung. Wenn nicht, werde ich bedient. Ganz anders Unverpackt: ich stehe hilflos im Laden, weiss nicht wie es geht, niemand kommt, ich schaue anderen zu, die mitgebrachte Gefässe auf eine Waage stellen. Ich habe nichts mitgebracht, fühle mich aussen vor. Hier scheint es nur Insider zu geben. Niemand will mir etwas verkaufen. Ungewohnt, keine Kundenorientierung, keine Auswahl, keine Verkaufspsychlogie. Mir fällt ein, sie könnten eine Schulung gebrauchen. Schade, ich fühle mich nicht willkommen und verlassen den Laden, ohne etwas gekauft zu haben. Erst ein Jahr später bin ich – unterstützt durch unseren Zirkel – bereit, meinen Widerstand zu überwinden. Worin besteht er eigentlich? Es ist immer dasselbe, ich werde in meinen Erwartungen nicht bestätigt und reagiere mit Aversion. Aber dass mein Ego sich mit den Konsummechanismen identifiziert, von denen ich doch weiss, wie destruktiv sie sich auswirken, – das hätte ich nicht gedacht.
Unverpackt Teil II
Meine buddhistische Schulung hilft mir, die Sache als Herausforderung zum Bewusstseinswandel neu anzugehen. Wir müssen schliesslich da anfangen, wo wir ganz persönlich das System unterstützen, das wir verändern wollen: Bei unserem Konsumverhalten. Shopping ist eine Freizeitbeschäftigung geworden mit dem Wert eines Entlastungsrituals. «Man gönnt sich ja sonst nichts»- vor allem keine Zeit für sich selber.
Unverpackt-Einkaufen braucht Zeit und Vorbereitung: was brauche ich? Was nehme ich mit, um es nach Hause tragen zu können. Im Laden fühle ich mich wie in einer grossen Wohnküche, kostbare Lebensmittel in Gläsern auf Regalen um mich herum, wie bei meiner Grossmutter. Zangen und Löffel zum selber schöpfen. Ich ziehe erst einmal meinen Mantel aus, bereit mich einzulassen. Schnell geht es nicht, ich stehe herum und traue mich nicht. Ich spüre die Enge in meinem Herzen. Hier geht es um etwas Persönliches, nicht zu der Inhaberin des Ladens, sondern zu den Lebensmitteln. Sie sind nicht mehr Massenwaren, die wir schnell ergreifen und in den Einkaufswagen werfen. Es gibt von allem nur ein Produkt, für das wir uns entscheiden und das wir selber schöpfen und verpacken.
Das Ambiente eines Unverpackt-Ladens befreit Lebensmittel und Konsumenten von den Zwängen entfremdeter Warenbeziehung – das ist ungewohnt.